Luigi Troia
geb. 1956 in Palermo
Studium an der Akademie der Bildenden Künste München,
seit 1978 lebt und arbeitet er als freischaffender Künstler in München.

 

     In unserer schnelllebigen, rastlos sich auf ein Leben in einer Welt der Zeichen und des medialen Meta-Spektakels zubewegenden Gesellschaft stellt Luigi Troia Fragen an das Dingliche unserer Realität. Seine Arbeiten sind figurativ und nur selten abstrakt. Abseits von den Implikationen des vorherrschenden Korrektivs der Waren-, Konsum- und Fortschrittsgesellschaft zelebriert er aber auch nahezu rituelle Befragungen an die Mythen der menschlichen Psychologie. Und das, ohne die Wahrnehmung des Betrachters mit Moralvorstellungen zu konfrontieren. Seine Themen lassen sich durch die einzelnen Serien hindurch dechiffrieren und entfalten ihre Wirkung in der Unmittelbarkeit und der unbändigen Lust seines Schaffens, die sich am deutlichsten in der uneingeschränkten Wahl seiner Sujets, seiner Palette und der Variationsbreite seines Farbauftrags zeigt.

     Die Wahl seiner Motive ist äußerst intuitiv und unmittelbar mit seiner Biographie verknüpft. Wie aus dem Fluss der Erinnerung herausgenommene Standbilder erzählen seine Werke von Sehnsüchten und Zweifeln. In der Serie „Fassaden“ hält der Blick in einem flüchtigen Moment der Vergangenheit an und schweift über die architektonischen Ecken. Gleichsam durch ein Vergrößerungsglas werden Details herangezoomt, die sich aus Kindheitserinnerungen speisen. Der Blick darauf ist sehnsuchtsvoll verklärend. Alltagsobjekte - Leintücher, Bälle, Blumentöpfe - machen den Betrachter neugierig, die ausschnitthaft angedeutete Gesamtsituation zu erforschen. Gleichzeitig entzieht sich diese durch die Unmöglichkeit, einen Schritt zurück zu treten und einen größeren Ausschnitt, den Überblick, zu erfassen. Auch ist kein Eindringen möglich, da man gezwungen ist, auf der Oberfläche zu verweilen und sich mit Vermutungen zu begnügen, was dahinter stecken könnte. Dadurch, dass der Blick um die Ecke zwar angedeutet, aber nicht möglich gemacht wird, evoziert der Künstler eine Spannung, die sich auch in anderen Serien wiederfindet.
     Mal wird der Einblick, so in der gleichnamigen Serie "Einblicke", zwar gewährt, doch die ersehnte Aufklärung der Gesamtsituation entzieht sich weiterhin durch die mit dem Rücken zum Betrachter stehenden oder sogar sich versteckenden Personen. Das Draußen bleibt durch angeschnittene Fensterläden weiterhin präsent. Hier wird der Betrachter Teil eines voyeuristischen Augenblicks.
     Ein andermal wird der Betrachter, wie in der Serie "Sessel", direkt dazu eingeladen, es sich in der surrealen Atmosphäre der Interieurs bequem zu machen. Was hier aber mit spießbürgerlicher Gemütlichkeit und formalem Dilettantismus kokettiert, ist reichlich mit Falltüren ausgestattet. Doch selbst, wenn der über die stark modellierte Räumlichkeit schweifende Blick die Einladung der meist farblich hervorstechenden Sessel annimmt, wird er hier nicht glücklich. All das Anheimelnde, das weiche Licht, die von Wohlstand zeugenden, großzügig auf Landschaftsidyllen blickenden Fenster, die warmen Farben und die einladend inszenierten Sessel, all das Wohlige löst doch ein Unbehagen aus. Die Gemütlichkeit ist gestört. Das Auge wird durch subtil pointierten Surrealismus verwirrt. Raumlinien kippen ins Unwahrscheinliche. Aneinander grenzende Wandflächen sind gegenläufig schattiert, die Schatten der Sessel fallen auf unmögliche Weise. Die Perspektiven der Fensterausblicke sind auf eine Art aufgeklappt, dass es sich eigentlich wiederum um Gemälde handeln müsste, würden diese nicht die Räume mit Licht durchfluten.
     In anderen Serien wie in "Artisti" prangt der Wahnsinn in Gestalt des Pierrot, breitbeinig und gebieterisch, unter einem postapokalyptischem Himmel, auf einem Berg stehend über einem mit Kriegs-, Flüchtlings- oder Nomadenzelten angefüllten Tal. Mit seinem bösartig zynischen Lächeln versichert er uns sein bedingungsloses Vorhandensein in unserer Welt.

     Luigi Troia lädt dazu ein, es sich in einer absurden Welt möglichst gemütlich zu machen. Der 1956 in Palermo geborene und seit 1978 in München lebende Künstler konfrontiert uns mit unterschiedlichsten Themen. Viele davon sind autobiographisch geprägt. Dazu zählt, dass er schon in frühen Jahren häufige Ortswechsel verarbeiten musste. Mobilität, auch im metaphysischen Sinne, spiegeln seine Werke wider. „Eine Welt ohne Grenzen, das würde zu mir passen“, sagt er heute. Die Frage nach der Verortung des Selbst ist immer, wenn auch auf verschiedene Weise, wie eine repetitive Meditation in seine Arbeiten eingeflochten. Die in ihnen verborgene thematische Substanz enthüllt sich nicht auf den ersten Blick, sondern erschließt sich im Gesamtzusammenhang zu einem mal humorvollen, mal drastischen Kommentar zum Leben.

Enzo Di Galliano

 

 

Werke in öffentlichem Besitz

Staatsgemäldesammlung, München
Bayerische Akademie der Schönen Künste, München
Münchner Lenbachhaus
Sammlung Deutsche Bank
Sammlung Hypovereinsbank
Artothek München
Städtische Galerie Pfarrkirchen

 

Preise

2009 Woldemar Winkler Stiftung

1997 Preis für Malerei, Kreibig Museum, Nymphenburg

1989 Einjähriges Stipendium in Italien

1986 Verein für Christliche Kunst

Künstler sehen Augsburg (Jubiläum 2000 Jahre Augsburg)

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